«Mexikanische Grafik»

 Vom 19. Mai bis 27. August 2017 zeigt das Kunsthaus Zürich einen Überblick über die Entwicklung der mexikanischen Grafik von der Figuration Ende des 19. Jahrhunderts bis zu ersten abstrakten Darstellungen in den 1970er Jahren. Viele Werke sind zum ersten Mal in der Schweiz zu sehen.

Ausgangspunkt sind die aus dem 19. Jahrhundert stammenden Gesellschaftssatiren und Skelettdarstellungen (Calaveras) der international bekannten Grafiker Manuel Manilla und José Guadalupe Posada. Über Ignacio Aguirre, Alberto Beltrán, Fernando Castro Pacheco, Jean Charlot, Leopoldo Mendéz und Alfredo Zalce spannt sich der Bogen zu den «los tres grandes» («Die Grossen Drei») Künstlern Diego Rivera, José Clemente Orozco und David Alfaro Siqueiros, die in den 1920er- bis 1970er-Jahren eine grosse Anzahl Wandgemälde – muralismo mexicano – zu politischen, nationalistischen und sozialen Themen gestaltet haben. 

VOLKSTÜMLICH, SOZIALISTISCH, INTERNATIONAL 
Herausragende Werke stammen aus der im Jahr 1937 gegründeten Werkstatt der volkstümlichen Grafik – dem Taller de Gráfica Popular – einem Zusammenschluss internationaler Künstlerinnen und Künstler in Mexiko. Die dort vereinten Grafikerinnen und Grafiker kreierten Flugblätter und Plakate für das einfache Volk. Sie warben für Gewerkschaften und für Volksbildung sowie für sozialistische Themen im Land. Das revolutionäre Gedankengut sowie auch die Auseinandersetzung mit soziokulturellen und sozialpolitischen Problemen im Land spielt in der historischen Kunst eine grosse Rolle. Die vom Taller de Gráfica Popular / La Estampa Mexicana herausgegebenen und im Kunsthaus zu sehenden Editionen zeugen insbesondere von der für Mexiko typischen Schwarz-Weiss-Tradition in Holz- und Linolschnitt. Die Darstellungen zeigen einerseits das mexikanische Leben, die Bräuche und Charakteristiken der Indigenen, andrerseits erste Versuche der abstrakten Kunst des Landes. 

VIELE WERKE ERSTMALS ÖFFENTLICH 
Die von der Kunsthistorikerin Milena Oehy kuratierte Ausstellung umfasst 47 Grafiken von 27 Künstlerinnen und Künstlern, die in Mexiko leben oder dort gelebt haben. Über die Hälfte dieser Werke auf Papier sind zum ersten Mal in der Schweiz zu sehen. Diese bedeutenden druckgrafischen Blätter unterschiedlicher Techniken aus dem späten 19. Jahrhundert bis in die 1970er-Jahre berühren Themen wie Armut und Reichtum, Liebe und Grausamkeit oder die Poesie und Härte des Alltags. Nebst Grafiken von José Guadalupe Posada werden charakteristische Werke des Realismus von Leopoldo Méndez, Diego Rivera oder David Alfaro Siqueiros sowie abstrakte Darstellungen von Rufino Tamayo oder Francisco Toledo gezeigt. Vier Fotografien von Armin Haab – Leihgaben aus der Fotostiftung Schweiz – runden die Präsentation ab. 

ARMIN HAAB, SEINE SAMMLUNG UND DAS KUNSTHAUS 
Der im Kanton Zug geborene Fotograf Armin Haab (1919–1991) reiste 1948 zum ersten Mal nach Mexiko und hielt Kulturmonumente, Menschen und deren Bräuche fotografisch fest. Weitere Reisen in den Jahren 1954, 1962, 1973 und 1977 führten Haab erneut nach Mexiko. Begeistert von der mexikanischen Kultur erwarb er mexikanische Originalgrafik während seiner Reisen zwischen 1949 bis 1980 bei verschiedenen Galerien in Mexiko, beim TGP (Taller de Gráfica Popular / Werkstatt der volkstümlichen Grafik), bei Sammlern oder den Künstlerinnen und Künstlern direkt. Die bis zu Haabs Tod 1991 aufgebaute, rund 400 Blätter und Mappen umfassende Sammlung von mexikanischer Grafik umfasst Werke von 65 Künstlerinnen und Künstlern, alle im Hoch-, Tief- und Flachdruck. Diese in Europa einzigartige Sammlung gibt einen gültigen Überblick über die Entwicklung der figurativen Grafik bis hin zu den ersten abstrakten Darstellungen in Mexiko während des Zeitraums von 1847 bis 1976. Noch zu Lebzeiten, Ende der 1980er-Jahre, schenkte Haab seine Kollektion dem Kunsthaus Zürich. Im Jahr 2012 wurde eine erste kleine Anzahl Blätter öffentlich, als das Kunsthaus «Posada bis Alÿs. Mexikanische Kunst von 1900 bis heute» präsentierte. Inzwischen ist die Sammlung Haab umfassend erforscht. 

PUBLIKATION UND VERMITTLUNG 
Der begleitende Katalog (320 Seiten, rund 480 Abb.) mit Texten der Kuratorin Milena Oehy erscheint auf Deutsch und Englisch in der Reihe der Sammlungspublikationen und ist am Kunsthaus-Shop für CHF 39.- erhältlich. Die Teilnahme an öffentlichen Führungen ist gratis. Diese finden am Sonntag, 21. Mai um 11 Uhr sowie am Mittwoch, 21. Juni und Donnerstag, 6. Juli um 18 Uhr statt. Private Führungen auf Anfrage. 

EINTRITT, ÖFFNUNGSZEITEN 
Eintritt «Mexikanische Grafik» inkl. Sammlung: CHF 16.-/11.- reduziert und Gruppen. Bis 16 Jahre gratis. Mittwochs: Eintritt frei. Vorverkauf: SBB RailAway-Kombi. Ermässigung auf Anreise und Eintritt: am Bahnhof oder beim Rail Service 0900 300 300 (CHF 1.19/Min. ab Festnetz), www.sbb.ch. Zürich Tourismus: Hotelzimmer-Buchung und Ticketverkauf, Tourist Service im Hauptbahnhof, Tel. +41 44 215 40 00, information@zuerich.com, www.zuerich.com. 
Fernando Castro Pacheco
Aquiles Serdán y su familia inician en Puebla la revolución armada, 18 de noviembre de 1910, 1947, Linolschnitt auf grünlichem Papier, Blatt: 27.1 x 40.1 cm, Kunsthaus Zürich
Manuel Manilla Calavera la penitenciaría. La Torre de Eiffel, 1882–1892 Bleistift auf grünem Papier, Blatt: 37.7 x 27.7 cm, Kunsthaus Zürich
Roberto Berdecio
Retrato de una muchacha mexicana, 1947, Lithografie, Blatt: 55.7 x 66.7 cm,
Kunsthaus Zürich, © Nachlass Roberto Berdecio
José Guadalupe Posada
Calavera revolucionaria, 1900–1913, Zinkätzung, Blatt: 34.5 x 23 cm, Kunsthaus Zürich