25. April – 26. Juli 2015
Der amerikanische Maler Alfred Jensen (1903–1981) ist auf besondere Weise mit der Schweizverbunden: Schweizer Sammler zählten Ende der 1950er Jahre zu den ersten Käufern seiner
Werke, seit 1963 arbeitete er eng mit dem Berner Kunsthändler Eberhard Kornfeld zusammen,
und die Kunsthallen in Basel und Bern widmeten ihm mehrere Ausstellungen – 1964, 1973 und
1975. Obwohl sich Jensen nur ein einziges Mal in der Schweiz aufhielt, als er im Frühling 1964
für drei Monate ein Gastatelier in Bern hatte, fanden seine Gemälde und Arbeiten auf Papier
den Weg in zahlreiche Schweizer Sammlungen. Die Ausstellung im Kunstmuseum Winterthur,
die 50 Gemälde und 15 Arbeiten auf Papier umfasst, konnte deshalb ganz aus Schweizer
Sammlungen zusammengestellt werden.
Erst mit über fünfzig Jahren entwickelte der Amerikaner Alfred Jensen sein eigenwilliges ma-
lerisches Werk, das ihn zu einem wichtigen Vorläufer der seriellen Kunst der 1960er Jahre
machen sollte. 1903 in Guatemala geboren, verlebte Jensen seine Jugendjahre in dem mittel-
amerikanischen Land, von dem er die Erinnerung an die reinen leuchtenden Farben der Maya-
Kultur mitnahm. Sein Leben verlief abenteuerlich – die Schulzeit verbrachte er in Dänemark,
später war er als Schiffsjunge auf den Weltmeeren, als Gelegenheitsarbeiter in Kalifornien
und als Farmer in Guatemala –, bis er 1926 in Hans Hofmanns Malschule in München ankam.
Dort traf er auf Saidie A. May aus Baltimore, die er von da an als Mallehrer und Berater für
ihre Sammlung begleitete. 1951, nach ihrem Tod, machte sich Jensen als Maler selbständig.
Nach ersten Versuchen in der abstrakt-expressionistischen Malerei fand Jensen 1957 zu den
einfachen geometrischen Grundformen, die er nach eigenen Gesetzen anordnete. Der Aus-
gangspunkt dafür war Goethes Farbenlehre. Jensen war fasziniert von Ordnungssystemen,
mit denen sich Zahlen und Farben in rhythmische Abläufe bringen liessen, und dafür griff er
auf mannigfaltige Quellen zurück – auf die Kalender der Maya, auf die Baupläne der Pyramiden,
auf die Lehren der Pythagoräer und auf physikalische Erkenntnisse. Es gelang Jensen, daraus
eine eigene Bildsprache zu formen und mit dem pastosen Auftrag der Farben einen eigenen
malerischen Ausdruck zu finden. Vom unbekümmerten schöpferischen Umgang mit den über-
lieferten Theorien zeugt die visuelle Kraft, die Jensens Bilder bis heute ausstrahlen. Nicht
um Beweise und Argumente ging es ihm, sondern um die visuelle Überzeugungskraft der
Malerei.
Alfred Jensen (1903-1981)
An Influence of the Earth's Motion on Optical Phenomena, 1961
Ölfarbe auf Leinwand, 162 x 122 cm
Alfred Jensen (1903-1981)
The Divine 72, 1963
Ölfarbe auf Leinwand, 48,5 x 33,5 cm
Alfred Jensen (1903-1981)
Pythagoras V, 1963
Ölfarbe auf Leinwand 82 x 122 cm
Alfred Jensen (1903-1981)
Male, Crosscurrent Color, 1963
Ölfarbe auf Papier, 53,5 x 36 cm