CH-Variationen - Neuere Schweizer Zeichnungen

10. Mai bis 30. August 2015

Das Kunstmuseum Winterthur und das Museum Oskar Reinhart zeigen gleichzeitig zwei
Ausstellung zum zeichnerischen Schaffen in der Schweiz. Die beiden sich ergänzenden
Werkschauen spannen den Bogen vom 18. Jahrhundert bis in die jüngste Gegenwart und
vermitteln so einen umfassenden Einblick in die wechselvolle Geschichte der Zeichen-
kunst in der Schweiz. Das Kunstmuseum konzentriert sich auf Positionen der Gegenwarts-
kunst, während das Museum Oskar Reinhart eine Gegenüberstellung von älteren Arbeiten 
und zeitgenössischen Werken präsentiert. Dadurch sollen die faszinierende Vielfältigkeit 
und die andauernde Aktualität der Zeichnung im Schaffen Schweizer Künstlerinnen und 
Künstlern zur Geltung kommen und gleichzeitig die historischen Ursprünge der Gattung 
deutlich gemacht werden. 

Beide Museen verfügen über reiche Bestände an Papierarbeiten, die jedoch wegen ihrer
Fragilität und Empfindlichkeit, insbesondere auf Licht, nur selten gezeigt werden können.
Gerade die Zeichnung bietet aber die Möglichkeit, das Schaffen eines Künstlers genauer
zu betrachten und dabei Neues zu entdecken. Galt früher das Arbeiten auf Papier inner-
halb des künstlerischen Prozesses als Vorstufe zum Gemälde und damit als diesem ge-
genüber minderwertig, so tritt gerade in jüngster Zeit das Material des Papiers und das
Auftragen des Zeichenmittels wieder verstärkt in den Fokus – bildet es doch in seiner
Simplizität den vielleicht stärksten Kontrast zu den Neuen Medien. Denn die Zeichnung 
ist oft nicht bloss die erste Niederschrift eines Gedankens, sie ist auch die unmittelbarste
und individuellste Form der visuellen Kommunikation. So galt im 18. und 19. Jahrhundert
das disegno als Inbegriff der künstlerischen Genialität und stand im Kontrast zur Farbe –
dem anderen Hauptgestaltungsmittel der Malerei –, trat in der geführten Linie doch die
Handschrift des Künstlers deutlicher zutage als etwa in einem Ölgemälde. Heute haben
sich diese Wertvorstellungen freilich verschoben und führen die Zeichnung zu
unterschiedlichsten und immer wieder überraschenden Resultaten.
Die Ausstellung im Kunstmuseum Winterthur geht von den eigenen Beständen aus, die 
in den vergangenen Jahrzehnten markant erweitert werden konnten – einerseits durch
grosszügige Schenkungen, aber auch durch Eigenerwerbungen im Rahmen von Aus-
stellungen. Dieses stark gewachsene Konvolut an Schweizer Zeichnungen wird nun
umfassend in einer Ausstellung präsentiert, die rund zwanzig Positionen in einer Viel-
falt vereint, die von konzeptuellen Bildfindungen bis hin zu lyrischen Malereien auf Pa-
pier reicht. Der Ausstellungstitel «CH-Variationen» spielt auf die humorvolle Wandarbeit
«CKVariationen (Die Schweiz)» von Markus Raetz an. Statt gezeichneter Linien definieren
darin Eukalyptuszweige die Darstellung, die Schatten geben die Umrisse wieder, und statt
des Papiers wird die Wand zum Bildträger. In der Originalität der Materialwahl steht
dieses Werk exemplarisch für die Bandbreite der zeitgenössischen Schweizer Zeichen-
kunst. Die Ausstellung zeigt Werke von Christoph Rütimann (*1955), Mario Sala
(*1965), Rudolf de Crignis (1948–2006), Valentin Magaro (*1972), Hans Brändli (*1955), 
Pia Fries (*1955), Vaclav Pozarek (*1940), Heiner Kielholz (*1942), Lisa Hoever (*1952),
Markus Döbeli (*1958) und anderen.

Das sich in unmittelbarer Nähe befindende Museum Oskar Reinhart beherbergt, nebst
seinen Gemälden des 19. Jahrhunderts, die gesamte Sammlung an Papierarbeiten seines
Gründers. 2013 hat die Stiftung Oskar Reinhart vom Lotteriefonds des Kantons Zürich
CHF 500’000 erhalten, um diese im Schatten der Gemälde stehenden graphischen
Bestände zu konservieren und – wo nötig – zu restaurieren. So präsentiert die Aus-
stellung «CONFRONTATION» einerseits ausgewählte Schweizer Zeichnungen, welche
in den letzten zwei Jahren restauriert wurden, andererseits erinnert sie mit Ergänzungen
zeitgenössischer Positionen daran, dass Zeichnen einem fundamentalen, zeitlosen Be-
dürfnis des künstlerischen Ausdrucks entspricht. Zu sehen sind Werke von JeanÉtienne
Liotard (1702–1789), Johann Heinrich Füssli (1741–1825), Wolfgang-Adam Töpffer
(1766–1847), Ferdinand Hodler (1853–1918), Carl Burckhardt (1878–1923) und René
Auberjonois (1872–1957) aus der Stiftung Oskar Reinhart, welche mit Arbeiten von Heidi
Bucher (1926–1993), Miriam Cahn (* 1949), Nic Hess (* 1968), Damián Navarro 
(* 1983) und Karim Noureldin (* 1967) konfrontiert werden.

So laden die beiden Ausstellungen ein, ausgehend von den wichtigsten Schweizer
Künstlern des 18. und 19. Jahrhunderts, das aktuelle zeichnerische Schaffen hierzulande
im Vergleich dazu zu entdecken und damit die Vielfältigkeit und die bis heute anhaltende
künstlerische Relevanz dieser Gattung neu zu erkennen.
Pia Fries (*1955)
Ohne Titel, 1995
Ölfarben auf Papier, 75 x 110 cm
Markus Raetz (*1941)
CK-Variationen (Die Schweiz), 1984
Eukalyptuszweige, 141 x 246 cm
Markus Döbeli (*1958)
Ohne Titel, 2005
Wasserfarben auf Papier 46 x 61 cm
Christoph Rütimann (*1955)
Ohne Titel, 1990
Tusche auf Papier, 110,5 x 125 cm
Hans Brändli (*1955)
Ohne Titel, 2004
Wasserfarben auf Papier, 30 x 21 cm